Konfetti



Ach ja, die Liebe! Zwei finden sich, verlieben sich und ein paar Kapitel später wird dann geheiratet. Und alle feiern mit und freuen sich! Konfetti! „Eleanor Rigby picks up the rice in the church where a wedding has been“ sangen einst die Beatles. Ja damals nahm man ein Naturprodukt, um damit zu werfen. Heute geht man in so einen Billig-Laden und kauft in eine Plastiktüte mit unendlich vielen, aus glänzender roter Plastikfolie ausgestanzten Herzchen und wirft sie hoch, so dass sie wie eine flatternde Wolke auf das Brautpaar herniederregnen. Wie schön! Und wenn man schon im Billig-Laden ist, dann kann man ja auch gleich noch ein paar farblich dazu passende herzförmige Ballons mitnehmen und diese dann beim demselben Anlass fliegen lassen. Wie herzallerliebst!

Heute dürfen bei der Trauung aus bestimmten Gründen, na, Sie wissen schon, nicht so viele Gäste dabei sein. Also trifft sich die ganze Gästeschar danach mit dem Brautpaar an einem entlegenen Ort, an dem wohl niemand etwas sagen wird, wenn da so viele Leute auf einem Haufen zusammenkommen. Also irgendwo in der Natur, zum Beispiel direkt an der Elbe. Hier wird dann das Brautpaar in die rote Konfettiwolke gehüllt und die Ballons dürfen starten. Partystimmung, Sektkorken knallen, Fröhlichkeit!

Der eine Ballon schafft einen Flug von ganzen drei Metern, dann
verheddert er sich mit seinem Bändsel in den Zweigen eines Busches, ach
wie schade! Naja, Sekt austrinken und dann geht es ab zur eigentlichen
Feier, juhu!


Ein paar Tage später komme ich an diesen Ort an der Elbe. Überall am
Boden im großen Umkreis verteilt und auf den Blättern umstehender Büsche liegen oder kleben rote Herzen aus dünner Plastikfolie. Der Regen hat bereits begonnen, die Herzen wegzuspülen und sie in Richtung Elbe zu transportieren. Der Ballon hängt noch immer im Busch. Keine arme Eleanor Rigby kommt und sammelt die Herzen auf. Was sollte sie damit auch? Die sind einfach nur unnütz, die kann man nicht kochen und essen. Und die Hochzeitsgäste haben über die Zukunft der Herzchen erst recht nicht nachgedacht. Auf den Hochzeitsfotos sind sie zu sehen, alles was danach kommt ist egal.


Also werden Regen und Wind letztlich dafür sorgen, dass Herzchen und der irgendwann schlapp gewordene Ballon in der Elbe landen. Ging nicht gerade vor kurzem mal wieder eine Schreckensmeldung durch die Presse, wie unendlich viel Mikroplastik inzwischen an den entlegensten
Stellen der Meere zu finden sind? Keine Ahnung, wie das da hinkommt! Also, bei der nächsten Hochzeit setzen sich vorher alle zuhause eine Stunde lang mit Locher und Altpapier auf das Sofa und dann wird umweltfreundlicheres Konfetti säckeweise selbst gemacht! Versprochen?

Text und Bilder JK