Neue Hochbeete auf Wedeler Spielplätzen

Ein essbares Wedel – regional, gemeinschaftsfördernd und ökologisch vertretbar:

Was ist eigentlich noch essbar?

Beim Einkaufen von Lebensmitteln in Wedeler Supermärkten entsteht bei mir vor den Obst- und Gemüseregalen meistens Frust und Ratlosigkeit. Blaubeeren aus Marokko, Avocados aus Peru und als Krönung der Absurditäten: Äpfel aus Neuseeland – und das mitten im größten Apfelanbaugebiet Europas. Ein Gang zum Bio-Regal macht es dann auch nicht besser: Alles doppelt in Plastik verpackt, die Herkunftsgebiete vergleichbar abenteuerlich…

Äpfel als Verpflegung

Es drängen sich mir weitere Fragen auf: Was davon kann ich noch mit gutem Gewissen kaufen? Was ist schlimmer: Die in Plastik eingeschweißte Bio-Gurke aus Spanien, oder die unverpackte konventionell Angebaute aus den Niederlanden? Wie wurde dieses Grünzeug produziert? Mit welchem Verkehrsmittel kam es angereist? Welche Gifte wurden verwendet für Produktion und Konservierung? Was davon gehört eigentlich auf den Sondermüll und was davon ist eigentlich noch essbar? Alles Fragen, die mir im Supermarkt natürlich kein Mensch beantworten kann.

Wenn man sich solchen Fragen zu sehr hingibt, geht man am Ende mit einem leerem Einkaufskorb aus dem Geschäft und fragt sich, wo das noch hinführen soll…. Wie kann es sein, dass ich Lebensmittel kaufen will und den Supermarkt mit einem unguten Gefühl und einem schlechten Gewissen wieder verlasse?

Sollte es nicht vielmehr so sein, dass es die Regel sein sollte mit einem angenehmen Gefühl und einem guten Gewissen einkaufen zu gehen? Dass die fragwürdigen Produkte in einem Supermarkt eher die Ausnahme und nicht die Regel sein sollten? 

Schließlich sind es Lebensmittel, also Mittel zum Leben, die mich mit energiespendenden Vitalstoffen versorgen und mich nähren sollen – und mich nicht in eine Sinnkrise stürzen sollten. 

Mein Körper sollte sie zu meinem Besten verstoffwechseln, mich belastbar und leistungsfähig erhalten und schließlich in meinen Körper integrieren – und ihn dabei nicht vergiften.  „Du bist, was du isst!“ Was das bedeutet, ist mir in den letzten Jahren immer bewusster geworden, und so bleibt mein Einkaufskorb im Supermarkt immer häufiger leer….

Es scheint, als hätten wir komplett den Kontakt zu dem, was uns eigentlich ernähren und nähren sollte, verloren. 

Aber: Wir brauchen gute und gesunde Lebensmittel um gesund zu bleiben, gesunde Gedanken zu haben und unsere Kinder gesund aufwachsen zu lassen. Und letztlich braucht auch unsere Umwelt und jedes fühlende Lebewesen einen gesunden Umgang mit unserer Nahrung, damit wir nicht bald eine von nur noch wenigen Spezies auf dieser Erde sind und unser Planet noch eine Weile lebenswert bleibt – ja, vielleicht sogar wieder regenerieren und gesunden kann.

Was kann die Lösung dieses Wahnsinns sein? Was kann ich dazu beitragen? Was sind die Alternativen? Eine Kiste vom Bio-Bauernhof des Vertrauens oder der Kauf beim örtlichen Bio-Laden oder bei Erzeugern in der Umgebung ist sicher ein guter Anfang. Oder lieber gleich selbst anbauen?

Das braucht Zeit, Liebe, Sachverstand und Geduld und nicht zuletzt auch ein Stückchen Erde, das sich zum Anbau eignet. Die meisten von uns haben jedoch zu wenig Zeit, Lust, Energie und Freude, sich dem Thema Eigenanbau zu widmen oder schlichtweg keinen Platz dafür.

Daher die Idee: den regionalen, gemeinschaftsfördernden und ökologisch vertretbaren Anbau von Lebensmitteln im öffentlichen Raum fördern

Auf der Suche nach regionalen Ideen und Lösungen schauten wir Wedel-im-Wandler*innen uns mal ein wenig um und stellten fest, dass es in Wedel doch Einiges zu entdecken gibt. 

Kräuterhochbeet

Schulgärten, Kita-Beete, die Streuobstwiese und viel essbares Grün im öffentlichen Raum. Wir entdeckten zahlreiche angepflanzte Wildblumenbeete, städtische Obstbäume und Beerensträucher und zwei Kräuterbeete in der Bahnhofstraße. Schließlich kamen wir darüber auch mit der Stadtverwaltung ins Gespräch. Denn auch hier wird nach Lösungen gesucht, seitdem das Massensterben von Insekten in aller Munde ist.

Die städtischen Früchte sind inzwischen durch unsere Anregung von der Stadtverwaltung auf einer Karte eingezeichnet und veröffentlicht worden, so dass jedermann und -frau in Erfahrung bringen kann, an welchen Stellen unserer Stadt dieses regionale und unbelastete Obst frei geerntet werden darf. (https://www.wedel.de/rathaus-politik/stadtverwaltung/stadtentwicklung/klimaschutzmanagement/kostenlos-naschen-uebersichtskarte-zu-den-staedtischen-obstbaeumen.html)

Andere Kommunen gehen inzwischen noch weitere Schritte und bepflanzen öffentliche Flächen und Beete mit essbaren Gemüsesorten und Kräutern: Tomate, Kartoffel und Zucchini für alle zugänglich und nutzbar. Das sorgt nicht nur für eine Hinwendung zu regionalem Anbau und macht für alle sicht- und erlebbar, wie unsere Nahrungsmittel angebaut werden, wachsen und gedeihen, sondern es bringt auch die Menschen zusammen: Der Polizist, der auf dem Beet vor der Polizeiwache die Tomaten gießt, trifft auf die alte Dame, die sich dort für ihr Mittagessen ein paar Bohnen erntet. So kommt man dann ins Gespräch. 

Genau das wollen wir auch für Wedel! Einen ersten Schritt in diese Richtung machten wir schon im letzten Spätsommer (2018) auf dem Spielplatz am Hans-Böckler-Platz. Dieser Spielplatz verfügt über eine Wasserpumpe, eine wichtige Voraussetzung, wenn man Gemüse und Kräuter auf dem Spielplatz anpflanzen will. Denn die Wasserversorgung ist auf diese unkomplizierte Weise gewährleistet. So braucht man nur noch eine kleine Gießkanne. Und Blumengießen aus der Wasserpumpe macht den Kleinen und den Großen Spaß.

Gemeinsam mit der Stadt Wedel, dem Kinderschutzbund und unserer Arbeitsgruppe „Wedel – genial, grün, essbar“ installierten wir dort zwei Hochbeete, die nun mit Kräutern und Gemüse bepflanzt sind und von großen und kleinen Menschen aus der Nachbarschaft gepflegt und beerntet werden. Das funktioniert immer besser, wie wir Anfang Mai bei einer Neubepflanzungsaktion am Hans-Böckler-Platz festgestellt haben. Für diese Aktion hatten wir nämlich Menschen aus der Nachbarschaft eingeladen und kamen vor Ort mit einigen Hochbeetpfleger*innen ins Gespräch. Auch einige neue Helfer*innen konnten wir zum Mitmachen motivieren.  Wie wunderbar!

Gemeinsames Bepflanzen der Hochbeete mit groß und klein

Am 22. Mai 2019 folgte die zweite Hochbeet-Aktion auf dem kleinen Spielplatz am Anne-Frank-Weg. Gemeinsam mit den Nachbar*innen und Kindern des Wohngebietes wurden hier zwei neue Hochbeete mit Kürbis, Zucchini, Tomaten und Co. bepflanzt. 

Jedes Mal, wenn ich jetzt dort vorbeischaue, kann ich sehen, dass die kleinen Pflänzchen frisch gegossen sind. Die Hochbeete wurden also schon „adoptiert“. 

Das ist es, was mich am allermeisten freut: unsere Idee scheint zu funktionieren. 

Und es soll noch weitergehen. Es gibt noch mehr Spielplätze mit Wasserpumpen und Familien in Wedel, die sich über ein Hochbeet mit essbarem Grün vor ihrer Haustür freuen würden. Und es gibt noch viele Beete, die noch mit wenig Brauchbarem für Mensch und Tier bepflanzt sind und nur darauf warten, entdeckt und neugestaltet zu werden. 

Mögen also noch viele weitere Hochbeete folgen. Möge die Stadt mehr essbare Beete im öffentlichen Raum gestalten, mögen sich immer mehr Wedeler und Wedelerinnen engagieren und möge die Vision einer essbaren Stadt Wedel auf vielfältige Weise Gestalt annehmen.

Darüber hinaus freuen wir uns über jede gute Idee und Anregung, wie wir den regionalen, gemeinschaftsfördernden und ökologisch vertretbaren Anbau von Lebensmitteln vorantreiben können. 

Nimm Kontakt zu uns auf und bereichere unsere Arbeit mit deinen Beitrag zum nachhaltigen Leben. (info[ät]wedel-im-wandel.de)

Herzliche Grüße

Friederike Trenkner

Bepflanzung der Hochbeete