Unser Permakultur- Garten: Die Versuche

Apfelbaum

Wie es genau begann, erinnere ich nicht mehr. Auf jeden Fall wurde uns klar, dass wir selbst mit unserem kleinen Garten plus Balkon tätig werden können. 

Mittlerweile gibt es vier kleine Teiche im Garten. Darin befinden sich kleine Fische, Amphibien und Wasserpflanzen. Auch Amseln erfrischen sich gern darin.

Teich mit Goldfischen

Gleich neben dem Insektenhotel gibt es einen Unterschlupf für Igel. (Leider wurden diese Angebote noch nicht angenommen.)

Insektenhotel
Igelunterschlupf

Das Apfelbäumchen (Goldparmäne) ist um die acht Jahre alt und hat mittlerweile einen festen Stand. In der blauen Tonne wird Regenwasser gesammelt.

Apfelbaum

Hochbeete haben wir schon zwei. Die Erde dazu kommt vom Kompost.

Hochbeet mit Tomaten
Hochbeet mit Kräutern

Auf dem Balkon ziehen wir verschiedene Pflanzen, auch um Bienen anzulocken.

Upcycling am Balkon

Im Freisitz haben wir vor, daraus ein Gewächshaus zu machen.

bunt bepflanzt

Rhabarber wächst gut und schmeckt gut.

Rhababerverarbeitung

Auch das Dach lässt sich bepflanzen. 

Vieles entwickelt sich, obwohl wir vieles noch herausfinden müssen.

Hilfe ist dabei auf jeden Fall:
Kurt Forster (2016): Mein Selbstversorger-Garten am Stadtrand. Permakultur auf kleiner Fläche

Text und Bilder: CF

Konsum – was macht glücklich?

Zähneputzen mit Birkenzucker

Wenn du dich in deiner Wohnung umschaust, was macht dich wirklich glücklich … der Flachbildfernseher, das Handy, der überfüllte Kleiderschrank?…. Wahrscheinlich machen sie dich nur einen kurzen Moment lang glücklich und werden dann zu normalen Gegenständen. Mit deinen Freunden und deiner Familie bist du bestimmt viel glücklicher. Hast du schon mal deinen Kleiderschrank aussortiert und dich anschließend befreit gefühlt? Oder hast du schon mal drüber nachgedacht, deinen Schrank auszusortieren, bist aber nicht dazu gekommen? Dann kann ich dir nur den Tipp geben, es kann total befreiend sein, dich von unnötigem Ballast zu befreien und diesen bei gemeinnützigen Organisationen für gute Zwecke abzugeben. Noch schöner ist es, wenn sich gar nicht wieder so viel Kleidung ansammelt, die nicht getragen wird. Statt mit Freunden shoppen zu gehen, ist mehr Zeit für schöne Erlebnisse, Freunde und Familie, gute Gespräche und zum Leben. Das kilngt toll, oder? Möchte dich in meine Gedankenwelt mitnehmen und dir Einblicke geben, welche Gegenstände des alltäglichen Lebens ich schon hinterfragt habe und mich gewundert habe, wie wenig sie mir genutzt haben.

Was hast du alles im Schlafzimmer stehen? Wahrscheinlich einen Kleiderschrank, so ist es zumindest bei mir. Nach meinem Auslandssemester kam ich mit zwei Koffern wieder nach Hause. Als ich dann gesehen habe, wie viele Hosen, Shirts, Pullis, Kleider, schicke Oberteile, Schaals, Mützen und so weiter ich zuhause hatte, hat sich diese Kleidung belastend angefühlt. Jede Kategorie bin ich durchgegangen und habe beschlossen, dass ein paar lange Hosen reichen sollten und ich die anderen spenden werde. Seit dem habe ich keine Hose gekauft und das soll erstmal so bleiben. Es fällt mir einfacher, mich zu entscheiden, was ich anziehen möchte, da nun meine Lieblingsstücke übersichtlich zusammenliegen, während ich vorher genauer hinschauen brauchte, was ich eigentlich im Schrank habe. Falls du dich oft fragst, was du anziehen möchtest und in einem vollen Kleiderschrank nichts findest, kann ich dir raten, Aussortieren ist gut investierte Zeit. Es befreit nicht nur den Kleiderschrank sondern auch den Kopf. Aber die größere Kunst liegt dann darin, nichts Neues zu kaufen. Falls ein Wechsel im Schrank stattfinden soll, lohnt sich ein Besuch einer Kleidertauschparty, da man dort aussortierte Kleidung mitbringt und mitnimmt, was einem gefällt. So kann sich kein Berg ansammeln.

Zähneputzen mit Birkenzucker

Wie schaut es im Badezimmer aus, hast du dort viele Plastikflaschen stehen oder schon deine DIY-Alternativen? Hast du dich schon mal gefragt, warum dein Körper Duschgel „braucht“? Bei mir ist diese Frage an mich selber schon eine Weile her, es war eine sehr Sinnvolle. Duschgel entzieht der Haut Fett, deshalb produziert diese wieder Fett, um den Verlust auszugleichen. Bei solchen Gedankenspielen überlege ich gerne, wie die Menschen früher wohl ausgekommen sind, als es noch kein Shampoo in bunten Plastikflaschen zu kaufen gab. Dabei erscheint es mir sinnig, dass der Körper viele (Pflege-)Produkte gar nicht braucht. Als ich begonnen habe meine Haut nur noch mit Wasser zu waschen, hat es sich am Anfang befremdlich angefühlt, aber nach einer Zeit habe ich die positiven Effekte wahrgenommen. Mein Körpergeruch hat abgenommen und ich fühle mich insgesamt sauberer. Mein Körper hat früher auf das Shampoo auf der Haut reagiert und sich gewehrt. Dadurch sind unschöne Gerüche entstanden. Ganz nebenbei sei hier erwähnt, dass ich die Zutatenliste auf der Packung nicht verstehe und entsprechend nicht mehr an meine Haut lassen möchte. Deo benutzte ich noch, aber nur das selbstgemachte mit Natron und lebensmittelechten Zutaten, ansonsten kommt eigentlich nichts an meine Haut. Da der Körper über die Haut Partikel aufnimmt und abgibt, möchte ich an meine Haut keine fragwürdigen Produkte mehr lassen, die anschließend in meinem Körper landen. Ähnlich schaut es bei mir mit dem Haare Waschen aus, das gestaltet sich allerdings etwas schwieriger. Je nach Region sehen meine Haare nach dem Waschen anders aus. Wenn ich mit dem Resultat nach dem Waschen nicht zufrieden bin, experimentiere ich gerne mit Roggenmehl, Essig oder Natron zum Waschen, jeweils natürlich mit Wasser vermengt. Pflegende Cremes habe ich früher schon fast nicht verwendet, da denke ich, dass mein Körper sich ohne viel Pflege von außen sehr gut mit Feuchtigkeit versorgen kann. Der menschliche Körper ist ein Wunderwerk der Natur und kann manchmal echt mehr, als ich erwartet hätte. 😉 

Aber es gibt ja noch mehr im Badezimmer, machen wir mal mit der Zahnpflege weiter. Was benutzt du, um deine Zähne gesund zu halten? Klar, es gibt biologische Zahnpasta aus dem Bioladen oder die ganz „normale“ aus dem Drogerie- oder Supermarkt. Verstehen tue ich jedoch bei beiden die Zutatenliste nicht. Nach ein paar Recherchen im Internet und ein paar Experimenten, gefällt mir der Birkenzucker am besten zum Zähneputzen. Vor dem Zähneputzen tue ich etwas Birkenzucker in meinen Mund, warte bis sich die Körner aufgelöst haben und putze mir die Zähne. Mein Zahnarzt hat mir wie immer gesagt, dass meine Zähne gut und gesund aussehen, also sehe ich keinen Grund, warum ich zu normaler Zahnpasta zurückkehren sollte. Einen Tipp noch dazu, als sich meine Weißheitszähne letztes Jahr entzündet hatten, war ich kurz davor mir eine Zahnspülung aus dem Supermarkt zu holen, aber dann kam mir der Gedanke, dass hochprozentiger Alkohol keimtötend ist. Also habe ich meinen Mund nach dem Zähneputzen mit 40%igen- Alkohol gespühlt. Die Entzündung ist erfolgreich zurückgegangen und ich war happy. 

Wenn ich weiter ans Badezimmer denke, möchte ich kurz die Frauenhygiene erwähnen. Als ich das erste mal Tampons und Binden verwendet habe, war mir gleich unwohl bei dem ganzen Müll. Durch entsprechende Suchen bin ich auf Menstruationstassen und Stoffbinden gestoßen und werde nie wieder Einwegprodukte aus Watte verwenden. Die Handhabung ist die ersten Male gewöhnungsbedürftig und benötigt ein paar Informationen, aber danach geht es ganz schnell und einfach eine Menstasse zu wechseln. Im Urlaub habe ich deutlich weniger Gepäck und ich fühle mich umweltbewusster und freier. Um bei einem Frauenthema zu bleiben, das ist zwar bestimmt Ansichtssache, aber ich fühle mich ohne Schminke im Gesicht am wohlsten und freier. Je weniger Produkte ich kaufe, desto freier und unabhängiger vom Konsumismus fühle ich mich.

So nun habe ich genug von meinem Leben geschrieben und freue mich, falls du Inspirationen in meinem Text gefunden hast. Eine kurze Bemerkung zum Schluss. Das sind meine eigenen Erfahrungen und jeder Körper reagiert anders. Deshalb ist Nachmachen auf eigene Verantwortung.

Text & Fotos Elisabeth

Auf den Trampelpfaden der Pinneberger Wasserbüffel

Entspannte Wasserbüffel
Wasserbüffel

Wasserbüffel. An was denkst Du da als erstes? Ich habe automatisch das Bild eines großen schwarzen Tieres mit verdammt großen Hörnern vor Augen, das mit seiner großen Herde durch eine versumpfte Steppe stapft. Ganz sicher nicht würde ich damit rechnen, dass sich eine nicht grade kleine Herde in der Nähe von Pinneberg tummelt.

Aber man lernt ja nie aus: es gibt sie tatsächlich. 19 junge Fersen im Alter zwischen einem und drei Jahren beweiden und pflegen eine Ausgleichsfläche im Norden des Kloevensteens. Die Fläche eignet sich besonders gut für die jungen Wasserbüffel, da sie sich bis zum letzten, sehr trockenen Jahr immer wieder in eine Sumpflandschaft verwandelt hat. Normale Rinder sind zum einen sehr schwer, wodurch der Boden stark verdichtet wird, zum anderen fühlen sie sich im Matsch bei weitem nicht so wohl wie die Büffel. Durch die Form der Wasserbüffelhufe wird der Boden zudem wieder aufgerissen. Auf den Tieren lastet eine weitere Hoffnung: die Weidefläche ist über und über mit Binsen bewachsen, die normale Rinder verschmähen. Dadurch verdrängen die Binsen die übrige Pflanzen- und daraus folgend auch die Tierwelt. Für die Wasserbüffel sind die jungen Binsen dagegen ein Leckerbissen, an dem gern geknabbert wird. Sollten sie dadurch in Schach gehalten werden können, könnte sich auf der Ausgleichsfläche der Stadt Pinneberg wieder zu einem vielseitigen Lebensraum werden.

Wasserbüffel holt sich Streicheleinheiten ab

Am Samstag, den 1. Juni fand gemeinsam mit dem Regionalpark Wedeler Au ein Tag der offenen Weide statt. Neben der Möglichkeit, die Wursterzeugnisse zu probieren, konnten die Besucher das Areal erkunden und auch die Herde näher kennen lernen. Begleitet wurde man dabei von den Besitzern der Herde, der Familie Petr. Die Tiere stehen größeren Menschengruppen etwas skeptisch gegenüber, sind allerdings auch sehr neugierig, wodurch sich dann auch die Chance für uns ergab, mal einen Wasserbüffel zu streicheln. Das Fell ist erstaunlich hart und von der Struktur vergleichbar mit der eines Pferdeschweifes. Macht man ja nun auch nicht alle Tage…

Kuscheltiere sind Wasserbüffel aber nicht. Die Hörner wachsen zwar erst mit der Zeit, doch auch die kleinen Hörner der jungen Fersen können ganz schön weh tun. Die Büffel äußern ihren Unmut gegenüber ihren Artgenossen durch Kopfstöße. Durch ihre starken Schädelplatten, einen stabilen Brustkorb und die 2 Zentimeter dicke Haut sind sie dagegen gut gewappnet – wie es bei Ihnen dagegen aussieht, wissen Sie ja selber. Daher sollte man nicht vergessen, dass man es mit Fluchttieren zu tun hat. 

Für den Besuchstag waren die Tiere in den vorderen Bereich des Areals gebracht worden, hatten aber genug Platz, der Besuchergruppe aus dem Weg zu gehen oder auch ein ausgiebiges Matschbad zwischendurch zu nehmen.

Text und Bilder JG

Ein Samstag voller Standarbeit

Installation von Wedel im Wandel

Wie heißt es so schön: wenn es kommt, dann alles auf einmal! Das traf auf jeden Fall auf Samstag, den 25. Mai zu. Nicht nur fand zum zweiten Mal das Wedeler Repair Café statt, auch in der Wedeler Kulturnacht öffneten Wedeler Institutionen ihre Türen für zahlreiche Besucher. Wedel im Wandel und seine Netzwerkpartner durften dabei natürlich nicht fehlen. Und da ja nicht nur in Wedel der Bär los sein kann, fanden am Vormittag in Halstenbek die Naturtage statt.

Auf den Halstenbeker Naturtagen haben unsere Netzwerkpartner Regionalpark Wedeler Au und Sheetkladde ihre Arbeit präsentiert. Zwischen NABU, Imkerverein und Pflanzenverkaufsständen haben sie natürlich gut ins Bild gepasst. Auch wenn es zwischenzeitlich öfter nach Regen aussah und ab und an die Banner vom Winde verwehten war es ein erfolgreicher Morgen, zumindest was das Netzwerken angeht. Die Fahrradkarte des Regionalparks, mit der man das ganze Gebiet hervorragend erkunden kann, war sehr gefragt. Auch Sheetkladde war mit dem Vormittag zufrieden. Vor allem für Bene, Leiter des Projekts und angehender Lehrer, war es spannend, auf mehrere Lehrer*innen zu treffen, die von dem Projekt gehört hatten und es selber mit ihren Schülern ausprobieren wollten. Die Spenden, die Sheetkladde für ihre Recyclingblöcke erhielt, kamen heute dem Regionalpark zugute.

Gegen 17 Uhr ging es in der Stadtbücherei Wedel weiter. Für Wedel im Wandel hielt Ute mit tatkräftiger Familienunterstützung die Fahnen hoch, flankiert wurde sie von Sheetkladde, die zum Glück flexibel auch am Wedel im Wandel-Stand einsetzbar waren. 

Installation von Wedel im Wandel

Die Installation am Stand war auf jeden Fall ein Blickfang: jede Wandelgruppe und bereits erfolgreich stattgefundene Veranstaltungen hatten ihren Platz an den Leinen gefunden, die zwischen wunderbar verwitterten Ästen gespannt waren. Auf einem Flipchart konnten die Wedeler*innen ihre Wünsche für Wedel äußern und sich natürlich auch miteinander und uns austauschen. Wir hoffen, einige von ihnen bald bei einem Freitagstreffen wieder zu sehen!

Die Kulturnacht war eine tolle Möglichkeit, sich im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit auszuprobieren. Neben Anregungen der Wedeler Bevölkerung haben wir auch gelernt, was wir noch brauchen könnten, um uns besser zu präsentieren. Es gibt immer was zu tun, darum werden wir auch hier so weitermachen wie bisher:

Bisherige Veranstaltungen in der Installation

Einfach mal anfangen und machen!

Text und Bilder JG

Mit dem Fahrrad auf dem Stern Hamburgs

Fähnchen der Fahrradsternfahrt

Zwei Perspektiven der Hamburger Fahrradsternfahrt

Sternenfahrerin

8 Uhr morgens. Wedel. Langsam füllt sich der Platz vor dem Rathaus. Auf der Suche nach bekannten Gesichtern begegnet man einigen, die man schon aus dem Vorjahr oder aus dem Jahr davor oder aus dem Jahr davor kennt. Die 25. Fahrrad-Sternfahrt – für viele bereits Tradition. Es werden Fähnchen verteilt. Doppelseitig bedruckt. Fahrrad Sternfahrt steht auf der einen Seite, Hamburg gibt Acht auf der anderen. Es ist ja schließlich mehr als eine nette Fahrradtour mit vielen netten Leuten. Es ist ja eben eine Demonstration. Für mehr sicheren Fahrradverkehr in Hamburg. Für klimafreundlichen Verkehr. Die Fahnen zeigen: Wir gehören zusammen. Wir stehen gemeinsam für etwas ein. Und die läutenden Klingeln verraten: Wir haben sogar Spaß dabei. 

Eine kleine Sicherheitsanweisung noch: Zusammenbleiben und wer eine Panne hat fährt rechts ran. Und dann ist es 8:15. Die Polizei fährt voraus und macht die Straße für uns frei. Das Wetter ist schön und die Laune ist gut, als wir den Wedeler Rathausplatz dann pünktlich verlassen. Ca.70 Kilometer liegen vor uns. Aus allen Teilen Hamburgs und umliegenden Orten kommen Fahrradfahrer sternenförmig auf das Zentrum zugefahren. Dabei ist wohl am wichtigsten: jeder eben so wie er kann. Ein Stück der Route mitzufahren reicht völlig. Dann ist ein Zeichen gesetzt und man hat vielleicht nette Menschen kennengelernt. Denn unter Fahrradfahrern versteht man sich. 

Fähnchen der Fahrradsternfahrt
Foto: JK

Ein gemütliches Tempo lässt die Kilometer bis nach Blankenese vorbeifliegen und am Bahnhof Blankenese schließen sich viele laute Klingeln unserem Zug an. Nun sind wir schon richtig viele Menschen. Die ersten Musikboxen wummern im Hintergrund. Spannend, was man sich einfallen lassen kann, um auf keine musikalische Begleitung beim Radfahren verzichten zu müssen. Mehr Menschen, mehr Gesichter, lautere Klingeln, mehr Stimmen, aber vor allem mehr Fahrräder und interessantere Konstruktionen. Liegeräder in allen Formen und Farben, Tandems, Rennräder, E-Bikes, Roller, Mountainbikes, Hollandräder, Einräder, Hochräder, und eben jene Fahrräder, die aussehen, als hätten sie schon viele Stunden im Regen verbracht. Ein Paradies für jeden Fahrradliebhaber. Hier gibt es auf jeden Fall genug zu sehen. Und man braucht ja nur mal nachfragen, denn hinter fast jedem Fahrrad steckt eine Geschichte. Und wer nicht reden will, der fährt einfach so vor sich hin. Denn das ist ja das schöne am Fahrradfahren. 

Am Altonaer Balkon wird es dann richtig voll. Menschen stehen an ihren Fenstern und winken uns zu und wir winken den Autofahrern zu, die, vielleicht ein bisschen genervt, an den Kreuzungen stehen und nicht weiterkommen. Mittlerweile sind es so viele Menschen, dass es gar nicht mehr möglich ist zu sagen, ob man weiter vorn oder weiter hinten ist. Überall nur Fahrradfahrer. Überall Menschen. Und dann tritt immer wieder ein unter Autofahrern bekanntes Phänomen auf: Stau. Bei so vielen Fahrrädern gibt es nun also Fahrrad-Stau auf den Straßen Hamburgs. Doch die kleinen Pausen werden genutzt um ausreichend zu trinken und das mitgebrachte Brot zu essen. Desto länger wir stehen, desto länger stehen die Autos und das ist schließlich Teil des Plans. Und beim Stehen kann man sich die Plakate und Sprüche gut anschauen, die auf Fahnen und Fahrrad-Anhängern geschrieben sind. 

Radfahrer mit Plakat
Foto: JK

Und da fällt auf, eine Person ist doch immer dabei, wenn es um Klimaschutz geht. Riesengroße grüne Buchstaben betiteln die Fahrräder als „Greta than cars.“ Orientiert an der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg, spielt der Slogan mit ihrem Namen und dem englischen Ausdruck „greater“, also besser. Und die Highlights der Strecke von Wedel nach Hamburg kommen ja noch. Denn die Erfahrung mit dem Fahrrad über eine gesperrte Autobahn zu fahren nehmen alle gerne mit. Hier rollt es auch gleich viel besser, die Straße ist breit, es ist genug Platz für alle da. Zum Ende der Strecke dann die Köhlbrandbrücke. Hoch wird geschoben, denn eine Baustelle verengt die Fahrbahn und verursacht Stau. Doch beim Runterfahren rollt es dann umso besser. Zu der Kundgebung um 15 Uhr auf dem Rathausmarkt in Hamburg kommen wir trotzdem ein wenig zu spät. Vielleicht standen wir dann doch ein bisschen zu viel, gerade zum Ende hin. Aber wirklich ärgern tut sich keiner. 

Fahrrad-Sternfahrt. Bei gutem Wetter ist ein Gemeinschaftsgefühl entstanden. Alle für den guten Zweck. Und nach einigen Kilometern Fahrrad fahren kann man auch schonmal stolz auf sich sein. Ich bin stolz auf uns. Und ich bin auf jeden Fall beim nächsten Mal wieder dabei. Weil mit hübschen Plakaten auf die Straße gehen kann jeder. Aber sieben Stunden Fahrrad fahren und sieben Stunden den Hamburger Autoverkehr erschweren, dass kann nur die Hamburger Fahrrad-Sternfahrt.

Text: FS

Sternengucker

Stellt Euch vor, Ihr steht am Strassenrand und wollt die Fahrbahn überqueren. Der Verkehr ist aber so dicht, dass Ihr keine Lücke ausmachen könnt, in der Ihr mal eben rüberflitzen könntet. Es ist wie ein kontinuierlicher Strom aus Fahrzeugen, der scheinbar nie versiegen will. Weit und breit gibt es weder Zebrastreifen noch Fußgängerampel, die Euch helfen könnten. Merkwürdig erscheint Euch, dass dieser Fluss aus Fahrzeugen keine lauten Fahrgeräusche macht und nicht stinkt und alle Fahrzeugführer freundlich dreinschauen. Ein Traum? Nein! Genau so ist es mir heute mitten auf der Köhlbrandbrücke ergangen.

Verbotsschilder an der Köhlbrandbrücke
Foto: JK

Heute, am 2019-06-16, war große Fahrradsternfahrt. Und aus diesem Anlass durften Fahrradfahrer ausnahmsweise in einer Richtung die Köhlbrandbrücke befahren. Jene große Brücke über den Köhlbrand, die sonst ausschließlich Kraftfahrzeugen, also stinkenden Lastern und lauten Autos vorbehalten ist.

Einen herrlichen Ausblick hat man als Radfahrer von dort oben über Stadt und Hafen.

Mit den ersten Polizisten auf Fahrrädern war ich vor dem großen Fahrräderstrom bereits ganz oben auf der Brücke. Und dann kam um 13:25h der Pulk die Steigung hinauf. Erstaunlich, wie viele Menschen aus Hamburg und Umgebung dem Aufruf zur Fahrradsternfahrt gefolgt sind und sich trotz des über den Vormittag immer grauer werdenden Wetters dem Zug angeschlossen haben und so nun die Köhlbrandbrücke erfahren. Viele zücken spontan Ihr Handy um mit der eingebauten Kamera einen Blick von hier oben einzufangen.

Ich stehe neben einem Polizisten am Fahrbahnrand und bin einfach nur erstaunt darüber, dass dieser Pulk nicht enden will. Schon bin ich versucht zu denken, dass es sich immer wieder um dieselben Fahrradfahrer handelt, die irgendwie immer im Kreis fahren. Aber das lassen die Gewässer da unten gar nicht zu! Es sind tatsächlich soo viele. Es sind alle Arten von Fahrrädern dabei: normale alltagstaugliche Fahrräder, Kinderfahrräder, Liegeräder, Tandems, Einräder, Falträder, selbstgebaute Fatbikes, sportlichste Rennräder, Rennrollstühle, doppelt hohe Fahrräder, E-Bikes, stromlinienförmig vollverkleidete Bikes, Tretroller, Lastenfahrräder, Mountainbikes, Fahrräder mit Anhängern (beladen mit Kindern, Hund, Getränken, einer ganzen Discothekensoundanlage oder Demontrationstransparenten) und Polzeifahrräder. Und genauso vielfältig verschieden wie die Räder sind auch deren Fahrer.

Radler auf der Köhlbrandbrücke
Foto: JK

Erst um 14:30h werde ich zusammen mit den letzten Radlern sozusagen vom Besenwagen der Polizei freundlich von der Brücke gefegt und die Köhlbrandbrücke gehört endlich wieder den Autos. Nun stimmt mit der Stadtsilhouette wieder alles.

Dieser über eine Stunde andauernde kontinuierliche Strom aus Fahrradfahrern und ihren Fahrrädern hat mich sehr beeindruckt.

Ich hoffe sehr, dass dieses Großereignis von Medien, Politik und Verwaltung wahrgenommen wird und man erkennt, dass es sehr viele Menschen mit dem Fahrradfahren ernst meinen und dieser sehr umweltfreundlichen Großdemonstration bald verkehrspolitische Konsequenzen folgen.

Text und Bilder: JK

Die Fahrradsternfahrt fiel auf den letzten Tag des Wedeler Stadtradelns. Was für ein Glück für unseren Kilometerzähler!

Neue Hochbeete auf Wedeler Spielplätzen

Neue Hochbeete auf Wedeler Spielplätzen

Ein essbares Wedel – regional, gemeinschaftsfördernd und ökologisch vertretbar:

Was ist eigentlich noch essbar?

Beim Einkaufen von Lebensmitteln in Wedeler Supermärkten entsteht bei mir vor den Obst- und Gemüseregalen meistens Frust und Ratlosigkeit. Blaubeeren aus Marokko, Avocados aus Peru und als Krönung der Absurditäten: Äpfel aus Neuseeland – und das mitten im größten Apfelanbaugebiet Europas. Ein Gang zum Bio-Regal macht es dann auch nicht besser: Alles doppelt in Plastik verpackt, die Herkunftsgebiete vergleichbar abenteuerlich…

Äpfel als Verpflegung

Es drängen sich mir weitere Fragen auf: Was davon kann ich noch mit gutem Gewissen kaufen? Was ist schlimmer: Die in Plastik eingeschweißte Bio-Gurke aus Spanien, oder die unverpackte konventionell Angebaute aus den Niederlanden? Wie wurde dieses Grünzeug produziert? Mit welchem Verkehrsmittel kam es angereist? Welche Gifte wurden verwendet für Produktion und Konservierung? Was davon gehört eigentlich auf den Sondermüll und was davon ist eigentlich noch essbar? Alles Fragen, die mir im Supermarkt natürlich kein Mensch beantworten kann.

Wenn man sich solchen Fragen zu sehr hingibt, geht man am Ende mit einem leerem Einkaufskorb aus dem Geschäft und fragt sich, wo das noch hinführen soll…. Wie kann es sein, dass ich Lebensmittel kaufen will und den Supermarkt mit einem unguten Gefühl und einem schlechten Gewissen wieder verlasse?

Sollte es nicht vielmehr so sein, dass es die Regel sein sollte mit einem angenehmen Gefühl und einem guten Gewissen einkaufen zu gehen? Dass die fragwürdigen Produkte in einem Supermarkt eher die Ausnahme und nicht die Regel sein sollten? 

Schließlich sind es Lebensmittel, also Mittel zum Leben, die mich mit energiespendenden Vitalstoffen versorgen und mich nähren sollen – und mich nicht in eine Sinnkrise stürzen sollten. 

Mein Körper sollte sie zu meinem Besten verstoffwechseln, mich belastbar und leistungsfähig erhalten und schließlich in meinen Körper integrieren – und ihn dabei nicht vergiften.  „Du bist, was du isst!“ Was das bedeutet, ist mir in den letzten Jahren immer bewusster geworden, und so bleibt mein Einkaufskorb im Supermarkt immer häufiger leer….

Es scheint, als hätten wir komplett den Kontakt zu dem, was uns eigentlich ernähren und nähren sollte, verloren. 

Aber: Wir brauchen gute und gesunde Lebensmittel um gesund zu bleiben, gesunde Gedanken zu haben und unsere Kinder gesund aufwachsen zu lassen. Und letztlich braucht auch unsere Umwelt und jedes fühlende Lebewesen einen gesunden Umgang mit unserer Nahrung, damit wir nicht bald eine von nur noch wenigen Spezies auf dieser Erde sind und unser Planet noch eine Weile lebenswert bleibt – ja, vielleicht sogar wieder regenerieren und gesunden kann.

Was kann die Lösung dieses Wahnsinns sein? Was kann ich dazu beitragen? Was sind die Alternativen? Eine Kiste vom Bio-Bauernhof des Vertrauens oder der Kauf beim örtlichen Bio-Laden oder bei Erzeugern in der Umgebung ist sicher ein guter Anfang. Oder lieber gleich selbst anbauen?

Das braucht Zeit, Liebe, Sachverstand und Geduld und nicht zuletzt auch ein Stückchen Erde, das sich zum Anbau eignet. Die meisten von uns haben jedoch zu wenig Zeit, Lust, Energie und Freude, sich dem Thema Eigenanbau zu widmen oder schlichtweg keinen Platz dafür.

Daher die Idee: den regionalen, gemeinschaftsfördernden und ökologisch vertretbaren Anbau von Lebensmitteln im öffentlichen Raum fördern

Auf der Suche nach regionalen Ideen und Lösungen schauten wir Wedel-im-Wandler*innen uns mal ein wenig um und stellten fest, dass es in Wedel doch Einiges zu entdecken gibt. 

Kräuterhochbeet

Schulgärten, Kita-Beete, die Streuobstwiese und viel essbares Grün im öffentlichen Raum. Wir entdeckten zahlreiche angepflanzte Wildblumenbeete, städtische Obstbäume und Beerensträucher und zwei Kräuterbeete in der Bahnhofstraße. Schließlich kamen wir darüber auch mit der Stadtverwaltung ins Gespräch. Denn auch hier wird nach Lösungen gesucht, seitdem das Massensterben von Insekten in aller Munde ist.

Die städtischen Früchte sind inzwischen durch unsere Anregung von der Stadtverwaltung auf einer Karte eingezeichnet und veröffentlicht worden, so dass jedermann und -frau in Erfahrung bringen kann, an welchen Stellen unserer Stadt dieses regionale und unbelastete Obst frei geerntet werden darf. (https://www.wedel.de/rathaus-politik/stadtverwaltung/stadtentwicklung/klimaschutzmanagement/kostenlos-naschen-uebersichtskarte-zu-den-staedtischen-obstbaeumen.html)

Andere Kommunen gehen inzwischen noch weitere Schritte und bepflanzen öffentliche Flächen und Beete mit essbaren Gemüsesorten und Kräutern: Tomate, Kartoffel und Zucchini für alle zugänglich und nutzbar. Das sorgt nicht nur für eine Hinwendung zu regionalem Anbau und macht für alle sicht- und erlebbar, wie unsere Nahrungsmittel angebaut werden, wachsen und gedeihen, sondern es bringt auch die Menschen zusammen: Der Polizist, der auf dem Beet vor der Polizeiwache die Tomaten gießt, trifft auf die alte Dame, die sich dort für ihr Mittagessen ein paar Bohnen erntet. So kommt man dann ins Gespräch. 

Genau das wollen wir auch für Wedel! Einen ersten Schritt in diese Richtung machten wir schon im letzten Spätsommer (2018) auf dem Spielplatz am Hans-Böckler-Platz. Dieser Spielplatz verfügt über eine Wasserpumpe, eine wichtige Voraussetzung, wenn man Gemüse und Kräuter auf dem Spielplatz anpflanzen will. Denn die Wasserversorgung ist auf diese unkomplizierte Weise gewährleistet. So braucht man nur noch eine kleine Gießkanne. Und Blumengießen aus der Wasserpumpe macht den Kleinen und den Großen Spaß.

Gemeinsam mit der Stadt Wedel, dem Kinderschutzbund und unserer Arbeitsgruppe „Wedel – genial, grün, essbar“ installierten wir dort zwei Hochbeete, die nun mit Kräutern und Gemüse bepflanzt sind und von großen und kleinen Menschen aus der Nachbarschaft gepflegt und beerntet werden. Das funktioniert immer besser, wie wir Anfang Mai bei einer Neubepflanzungsaktion am Hans-Böckler-Platz festgestellt haben. Für diese Aktion hatten wir nämlich Menschen aus der Nachbarschaft eingeladen und kamen vor Ort mit einigen Hochbeetpfleger*innen ins Gespräch. Auch einige neue Helfer*innen konnten wir zum Mitmachen motivieren.  Wie wunderbar!

Gemeinsames Bepflanzen der Hochbeete mit groß und klein

Am 22. Mai 2019 folgte die zweite Hochbeet-Aktion auf dem kleinen Spielplatz am Anne-Frank-Weg. Gemeinsam mit den Nachbar*innen und Kindern des Wohngebietes wurden hier zwei neue Hochbeete mit Kürbis, Zucchini, Tomaten und Co. bepflanzt. 

Jedes Mal, wenn ich jetzt dort vorbeischaue, kann ich sehen, dass die kleinen Pflänzchen frisch gegossen sind. Die Hochbeete wurden also schon „adoptiert“. 

Das ist es, was mich am allermeisten freut: unsere Idee scheint zu funktionieren. 

Und es soll noch weitergehen. Es gibt noch mehr Spielplätze mit Wasserpumpen und Familien in Wedel, die sich über ein Hochbeet mit essbarem Grün vor ihrer Haustür freuen würden. Und es gibt noch viele Beete, die noch mit wenig Brauchbarem für Mensch und Tier bepflanzt sind und nur darauf warten, entdeckt und neugestaltet zu werden. 

Mögen also noch viele weitere Hochbeete folgen. Möge die Stadt mehr essbare Beete im öffentlichen Raum gestalten, mögen sich immer mehr Wedeler und Wedelerinnen engagieren und möge die Vision einer essbaren Stadt Wedel auf vielfältige Weise Gestalt annehmen.

Darüber hinaus freuen wir uns über jede gute Idee und Anregung, wie wir den regionalen, gemeinschaftsfördernden und ökologisch vertretbaren Anbau von Lebensmitteln vorantreiben können. 

Nimm Kontakt zu uns auf und bereichere unsere Arbeit mit deinen Beitrag zum nachhaltigen Leben. (info[ät]wedel-im-wandel.de)

Herzliche Grüße

Friederike Trenkner

Bepflanzung der Hochbeete

Besuch auf dem Haidehof

leicht geöffnetes Scheunentor
Leicht geöffnetes Scheunentor

Bei herrlichem Sommerwetter zeigte sich am 18. Mai der Haidehof von seiner ganzen Idylle. Am Tag der offen Tür stellte sich das neue Projekt der „Regenerativen Landwirtschaft“ vor.

Schon ganz bald können hier erzeugte Nahrungsmittel samstags im Hofladen erstanden werden. Es soll auch die Möglichkeit geben, eine Gemüsekiste zu beziehen, die am Haidehof und einem anderen Standort wöchentlich abgeholt werden kann. Schon heute konnten vorgezogene Tomatenpflanzen für den eigenen Garten erworben werden. Es standen die unterschiedlichsten Sorten zur Auswahl. Tomaten müssen doch wirklich nicht nur rot und rund sein…

Petersilie und Minze als Tischdeko

Kaffee, Wasser, Saft und Kuchen gegen Spende standen für alle Besucher bereit. Man konnte über den Hof schlendern, sich alles anzuschauen oder sich ein ruhiges Plätzchen suchen und ein wenig klönen. Natürlich gab es die Möglichkeit, sich einer der Führungen zu den Gemüsefeldern anzuschließen und etwas über das Projekt zu erfahren. Ich habe es wie folgt verstanden:

Das Konzept die „Regenerative Landwirtschaft“ hat es zum Ziel, dass der Boden durch die Bepflanzung über die Jahre an Qualität gewinnt und nicht verliert. Dabei kommen natürlich keine künstlichen Dünger zum Einsatz. Auch wird der Boden nicht im herkömmlichen Sinne bearbeitet. Denn durch ein Umbrechen oder Pflügen werden die Bodenlebewesen empfindlich gestört. Die Wurzeln werden nach der Ernte im Boden belassen und der Boden mit nicht benötigen Pflanzenteilen gemulcht. Dieses wirklich nachhaltige Gärtnern haben sich die Quereinsteiger durch Mitarbeit in vergleichbaren Projekten rund um den Globus angeeignet. Auch hilft ein weltweites Netzwerk beim Austausch und suchen von Problemlösungen. 

Gewächshaus mit Zöglingen

In einem derzeit noch provisorischen Gewächshaus werden die Gemüsepflanzen vorgezogen, bevor sie in die 10 m langen und 5 m breiten Beetstreifen gepflanzt werden. Dabei werden die Pflanzen möglichst dicht aneinandergesetzt, so dass Unkräuter nicht gut dazwischen hochkommen und nicht so viel Feuchtigkeit verdunstet. Die Bewässerung erfolgt mit Sprinkleranlagen. Jeder Standort hat seine Besonderheiten und nun gilt es für die derzeit zwei fest angestellten Gärtnerinnen herauszufinden, wie sie die optimalen Bedingungen für das Gemüse schaffen können. Ziel ist es, in drei bis vier Jahren schwarze Zahlen zu schreiben und die gängigen Gemüse im Sortiment zu haben.

Beet mit Jungpflanzen

Die ersten Kühe mit ihren Kälbern sind auch schon da. Sie werden in kurzen Abständen umgeweidet, damit sich das Gras regenerieren kann. Sobald der mobile Hühnerauslauf genehmigt ist, soll er den Kühen folgen. Die Hühner werden dann die Kuhfladen auseinanderscharren, sich an den Maden und Käfern erfreuen und den Mist gleichmäßig verteilen. Dadurch wird der Weideboden sukzessive verbessert.

Es handelt sich bei der regenerativen Landwirtschaft als um keine eigene Methode, sondern stellt den Versuch dar, einen optimalen und echten nachhaltigen Anbau von Lebensmitteln zu ermöglichen. Dabei fließen Elemente der Permakultur, dem Ökolandbau und weiteren Richtungen mit ein.

Ein super spannendes Projekt und ich drücke allen Beteiligten die Daumen für ein erfolgreiches Gelingen!

Autor: SP (Text und Bilder)

Kinder auf Pflug

Wie nachhaltig ist Bio-Plastik?

grüner Bioplastiklöffel im Kompost

Allgemein

„Die Ursprünge von  Bio-Kunststoff gehen weit zurück: schon ab dem 17. Jahrhundert begannen Naturforscher damit, Biopolymere (z.B. Kautschuk, Leinöl oder Zellulose) chemisch zu modifizieren, um neuartige Eigenschaften zu erreichen. Die dabei entwickelten ersten Kunststoffe wie Gummi, Linoleum oder Celluloid, werden auch als halb-synthetische Kunststoffe bezeichnet und gehören aufgrund ihrer biogenen Rohstoffbasis zu den ersten Biokunststoffen“ (vgl. https://www.carmen-ev.de/stoffliche-nutzung/biokunststoffe/herstellung/2245-herstellungsverfahren, 13.04.2019)

Das heutige BIO-Plastik  wird aus nachwachsenden Rohstoffen angefertigt, daher auch „bio-basierender“ Plastik genannt.  Aber nur ca. 30 % des „bio-basierenden“ Plastiks ist  auch gleichzeitig kompostierbar (die Kompostierbarkeit hängt von der chemischen Struktur des Bio-Plastik ab). Die Kompostierbarkeit ist übrigens nicht nur auf Bioplastik begrenzt, sondern es gibt auch kompostierbares konventionelles Plastik aus fossilen Rohstoffen (Erdöl). 

 Es gibt verschiedene Ausgangsstoffe  für die Herstellung für Bio-Plastik:

Lebensmittelbasierend: aus Pflanzenölen, wie Soja, Palm, Sonnenblumen, Rizinus, Rapsöl,
aus Stärke, wieMais, Weizen, Kartoffeln, Tapioka, etc., aus Glukose, wieZuckerrohr, Rüben, etc.

Nicht Lebensmittelbasierend: z.B. ausHolz, Nebenprodukte oder Abfälle aus der Land oder Holzwirtschaft, Stroh, organische Abfälle, Abwasser 

Nicht lebensmittelbasiert, bodenunabhängige Kulturen: aus Mikroorganismen, wie z.B.  Mikroalgen, Bakterien, Pilze“
(vgl. http://natureplast.eu/de/definition-von-biokunststoffen/herkunft-von-biokunststoffen/, 13.04.2019)

Zurzeit wird viel bezüglich Bio-Kunststoff vermehrt experimentiert und geforscht und nach neuen Möglichkeiten Ausschau gehalten. So experimentiert man z.B. mit „Flüssig-Holz“, Disteln und Algen.

Das meiste Bio-Plastik wird aus Stärke (wie z.B. Mais, Kartoffeln) hergestellt, wie z.B. Tüten. Die nachwachsenden Rohstoffe für Bio-Plastik stammen i.d.R. aus konventionellem und nicht ökologischem Anbau. Gesetzliche Vorgaben und die verschiedenen Ansprüche und Einsatzzwecke des Bio-Plastiks (wie z.B. schwere Entflammbarkeit, Haltbarkeit, Reißfestigkeit, Wasserbeständigkeit etc.) führen dazu, dass die Hersteller aber auch chemische Zusatzstoffe (wie Weichmacher, Farbstoffe, sonstige Additive) einsetzen. Auch wird teilweise sogar in geringen Mengen konventioneller Plastik beigemischt, um z.B. mehr Wasserbeständigkeit zu erreichen (dies hat mir auf Nachfrage  ein bekannter ökologischer Teeversand sogar eingestanden). Da diese Zusatzstoffe nicht deklariert sind (und vom Gesetzgeber noch nicht vorgeschrieben ist), kann man dies auch nicht erkennen. 

Der weltweite Anteil des Bio-Kunststoff ist in Bezug auf den herkömmlichen (fossilen) Kunststoff noch sehr gering, und liegt zurzeit noch unter 1 %. Da der Rohstoff Erdöl aber zur Neige geht, wird die Produktion von Bio-Kunststoff in den nächsten Jahren noch stark zunehmen. Nicht nur die Lebensmittelbranche, sondern z.B. auch die Auto-, Kleidungs- und Spielzeughersteller verwenden zunehmend Bio-Kunststoff. Es wird in dieser Hinsicht viel geforscht und nach neuen Möglichkeiten Ausschau gehalten. 

grüner Bioplastiklöffel im Kompost
Foto: JK

Argumente für Bio-Plastik

– die nachwachsenden Rohstoffe für Bio-Plastik sind eine Möglichkeit, die knapper werdenden fossilen Rohstoffe  Erdöl, Erdgas und Kohle zu ersetzen 

– nur für sich gesehen – ohne Anbau und Herstellung – setzt Bio Plastik z.B. bei der Verbrennung weniger CO2 frei. Der hohe Brennwert von (Bio)-Kunststoffen macht ihn zu einem idealen Ersatzbrennstoff für Kohle und Heizöl. Somit lässt sich aus Biokunststoffen erneuerbare Energie gewinnen und es wird im Gegensatz zur Verbrennung von fossilen Kunststoffen kein zusätzliches, klimaschädliches Kohlendioxid produziert

Argumente gegen Bio-Plastik

Kompostierung: Oft wird zu Unrecht mit der 100% Kompostierbarkeit von Bio-Plastik geworben, womit eine Art „Greenwashing“ betrieben wird. In der Praxis sieht es aber oft ganz anders aus. Gemäß der europäischen Richtlinie/ Norm „DIN EN 13432“ muss ein kompostierbares Material – also auch Bio-Plastik –  innerhalb von 6 Monaten zu 90% abgebaut sein, ohne umweltschädliche Reststoffe zu hinterlassen. (nähere Info siehe: https://biobagworld.com/de/umwelt/biologisch-abbaubar-und-kompostierbar/  , 13.04.2019) n den meisten heutigen kommunalen Kompostieranlagen sind Bio-Plastik aber  „Störstoffe“, denn das Kompostieren ist wesentlich kürzer, nur ca. 4-6 Wochen, zu kurz für kompostierbaren Bio-Plastik. Daher ist in den meisten Kommunen auch die Entsorgung von Bio-Plastik in der Bio-Tonne untersagt (Anmerkung: dies gilt auch für den Kreis Pinneberg). Will man sein Bio-Plastik im privaten Garten kompostieren, sind aber oft die entsprechenden Bedingungen (Feuchtigkeit, Wärme) nicht erfüllt und die Zersetzung ist nur mangelhaft.
(Zitat) “Die Kompostierung hat ein großes Ziel, nämlich den Aufbau von Bodensubstraten”, verdeutlicht Thomas Fischer als DUH-Experte für Kreislaufwirtschaft. Biokunststoffe sind als Kompostgeber etwa für die Landwirtschaft vollkommen nutzlos. Sie enthalten keinerlei Werte, die dem Kompost dienen.”  (vgl. https://edison.handelsblatt.com/erklaeren/bioplastik-umweltschonend-oder-greenwashing/23202332.html, 13.04.2019)

– Recycling: für Biokunststoff gibt es keine gesetzliche Rücknahme- und Verwertungspflicht. Es werden von den Herstellern auch keine „Gebühren für das Duale System“ entrichtet. Darum dürfen Erzeugnisse aus Biokunststoff eigentlich  nicht in die gelbe Tonne/ gelben Sack. Weil man aber nicht immer unterscheiden kann, was nun Bio-Plastik und konventioneller Plastik ist,  landet Bio-Plastik trotzdem im gelben Sack, und dann letztendlich in der Verbrennungsanlage.
Gelangt Bio-Plastik in die Umwelt, wie z.B. ins Meer, wird es – ähnlich wie konventionelles Plastik – sich nur langsam abbauen und sich kleinteilig zersetzen.  

– Anbau/ Herstellung: Um nachwachsende Rohstoffe für Bioplastik, wie z.B. Mais, Kartoffeln oder Zuckerrohr anzubauen, braucht man auch Erdöl, (z.B. als Treibstoff für die Traktoren und Lastwagen für den Transport). Für den Anbau werden i.d.R. auch Dünger und Pestizide auf die Felder ausgebracht – mit den üblichen Nebenwirkungen, wie etwa zu viel Nitrat im Grundwasser. Nicht selten werden auch gentechnisch veränderte Organismen eingesetzt. In der Herstellung werden auch viel Wasser und  chemische Zusatzstoffe verwendet. Sollte die Produktion von nachwachsenden Rohstoffen sich in Zukunft erhöhen, kann dies auch negative Folgen für die schon eher knappen Flächen für den Lebensmittel-Anbau haben. Lebensmittelanbau sollte aber Vorrang vor Bio-Plastik haben.
(Zitat)  „Die Erzeugung großer Mengen Bioplastik verändert die Landnutzung“, erklärt Dr. Neus Escobar vom Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn. „Global gesehen könnten dadurch zum Beispiel vermehrt Waldflächen zu Ackerland umgewandelt werden. Wälder binden aber erheblich mehr Kohlendioxid als etwa Mais oder Zuckerrohr, schon allein aufgrund ihrer größeren Biomasse.“ Dass dieser Effekt keine theoretische Spekulation ist, zeigen die Erfahrungen mit Biokraftstoffen. Die steigende Nachfrage nach der „grünen“ Energiequelle hatte in manchen Ländern massive Waldrodungen zur Folge.“ (vgl. https://www.uni-bonn.de/neues/329-2018, 13.04.2019) 

Es wird behauptet, Bio-Plastik Spielzeug ist nicht so belastet wie konventionelles Spielzeug. Dies scheint sich in der Realität nicht zu bewahrheiten: (Zitat) „Bioplastik-Spielzeug ist tatsächlich ein Trend. Lego zum Beispiel will bis zum Jahr 2030 kein Erdöl mehr für seine Klötzchen verwenden, sondern nachwachsende Rohstoffe. Klingt erst einmal gut, wenn auf dem Spielzeug irgendwas von “umweltfreundlich” steht. Aber selbst wenn die Rohstoffe nachhaltig erzeugt sein sollten: Um Bioplastik widerstandsfähig und flexibel zu machen, sind die gleichen chemischen Zusätze nötig wie bei Plastik aus Erdöl. Und wie gefährlich diese Zusätze sind, das hat noch niemand erforscht.“
(vgl. https://www.sueddeutsche.de/stil/oeko-ratgeber-wann-ist-es-zeit-fuer-einen-neuen-kuehlschrank-1.3625229, 13.04.2019)

Verbundwertstoffe: immer öfter findet man Verpackungen, die aus einer Mischung von Plastik und Papier (Pappe) bestehen. Im günstigsten Fall kann man das Plastik vom Papier trennen, aber oft ist dies nicht möglich. Diese sogenannten Verbundwertstoffe lassen sich dann nur mit sehr aufwendigen und energieaufwendigen Verfahren wieder trennen. Da nicht alle Kommunen die Technik dafür haben, werden diese Verbundstoffe ins Ausland transportiert oder sie werden einfach verbrannt. 

Fazit

Das Bio-Plastik ist vollmundig zu Unrecht als eine umweltfreundliche  Variante von vielen Herstellern präsentiert worden.  Ökobilanzen belegen nämlich, dass biobasierte und abbaubare Bio Kunststoffe in der Gesamtheit keine Umweltvorteile gegenüber herkömmlichen Plastikprodukten aufweisen. Im Gegenteil, schneiden in der Ökobilanz teilweise die recycelbaren herkömmlichen Kunststoffe sogar besser ab, weil sie öfter verwendet werden.  

Aus meiner Sicht kann Bio-Plastik erst dann eine wirkliche umweltfreundliche Alternative zum herkömmlichen Plastik sein, wenn:

–  Bio-Kunststoff umweltfreundlich (zumindest nur so minimal wie möglich), ohne chemische (und damit umweltschädliche) Zusatzstoffe, hergestellt und die Kompostierbarkeit verbessert  wird, so dass sie für die kommunalen Kompostier-Anlagen, aber auch den Komposthaufen im Garten geeignet sind
–  die notwendigen Rohstoffe (wie z.B. Mais, Kartoffeln etc.) für Bio-Kunststoff nicht in Konkurrenz zur Lebensmittelwirtschaft stehen, sondern stattdessen vermehrt  pflanzliche Abfälle und Reststoffe, wie z.B. Holzabfälle, Strohstängel, spezielle Lebensmittelabfälle etc. verwendet werden, die man nicht extra anbauen muss. Die Forschung in neue umweltfreundliche Rohstoffe (wie z.B. Algen) sollte staatlich gefördert werden.
– ein funktionierendes Recycling-System aufgebaut wird (ähnlich wie die gelbe Wertstoff-Tonne für herkömmlichen Kunststoff), damit aus dem Einweg Plastik ein wiederverwertbarer Mehrweg-Rohstoff wird. Begünstigend könnte hierbei der Tatbestand sein, dass seit März 2019 ein neues Verpackungsgesetz in Kraft getreten ist, welches die Kommunen dazu verpflichtet, die Recyclingquote für Kunststoff von bisher 35 % auf 63 % zu erhöhen. Allerdings bezweifle ich bei der derzeitigen noch geringen Menge an Bio-Plastik, dass die Kommunen dies finanzieren können (wollen). 

– die Hersteller von Bio-Plastik, aber auch Hersteller von herkömmlichem Plastik, sollten per Gesetz dazu verpflichtet werden, alle Inhaltsstoffe anzugeben. Auch die Dauer der Kompostierbarkeit sollte angegeben werden.  


Ob herkömmliches Plastik oder Bio-Plastik, die beste Alternative ist immer noch: Verpackungen zu vermeiden! 

Autor: RM, WG Faktencheck, Foto: JK

Quellen:

  • Carmen e.V., www.carmen-ev.de, Netzwerk für Nachwachsende Rohstoffe
  • Nautureplast, www.natureplast.eu, Beratungsunternehmen
  • Studie der Universität Bonn: Escobar, Haded, Börnder, Britz: Land use mediated GHG emissions and spillovers from increased consumption of bioplastic, 2018
  • Handelsblatt: Jost, Bioplastik: Umweltschonend oder Greenwashing?, 2018
  • Süddeutsche Zeitung: Widmann, Wann ist es Zeit für einen neuen Kühlschrank?, 2017

Die Merkmale einer “Reifen Zivilgesellschaft”

Menschen am Strand

Die sanfte Revolution von unten


© von Ralf Manthey

Die Definition und Ursprünge einer reifen Zivilgesellschaft

Bevor ich näher auf die Merkmale einer „reifen Zivilgesellschaft“ eingehen werde, möchte ich zunächst den Begriff „Zivilgesellschaft“ kurz näher definieren. Im Internet-Duden findet man folgende Definition: „die Zivilgesellschaft ist eine Gesellschaftsform, die durch selbstständige, politisch und sozial engagierte Bürger(innen) geprägt ist“. Und in Wikipedia findet man die Aussage: „….allgemein wird unter dem Begriff „Zivilgesellschaft“ meist der Teil der Gesellschaft verstanden, der nicht durch den Staat und seine Organe (Behörden, Verwaltungen) gesteuert und organisiert wird“. Beide Definitionen stellen für mich die wesentlichen Merkmale  einer „reifen Zivilgesellschaft“ dar. 

In den vielen zurückliegenden Jahrhunderten haben die Menschen immer wieder versucht, sich von Unterdrückung und sozialer Ungerechtigkeit  zu befreien und eine humanere, freiere und sozial (und wirtschaftlich) gerechtere Gesellschaft aufzubauen, mit mehr oder weniger mäßigen Erfolg.  Bereits in der Antike im 5. Jahrhundert vor Christi gab es die ersten Ansätze einer freieren und gerechteren Gesellschaftsform in Griechenland: die Demokratie (Volksherrschaft).  Im Christentum gab es von den zunächst noch wenigen Anhängern die Bestrebungen sozial gerechtere und ethisch fundierte (kleine) Gemeinschaften (bzw. Gemeinden) aufzubauen, basierend auf den 10 Geboten und den Kernaussagen der „Bergpredigt“  (s. Neues Testament). Die Französische Revolution (ca. 1789 – 99) mit ihren bekannten Idealen „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ übte den  folgenreichsten Einfluss auf die europäischen Gesellschaften aus.  Neben den sozialen und politischen Veränderungen, wurden auch zunehmend die religiös-kirchlichen Strukturen- und Machtverhältnisse in Frage gestellt und durch Reformen verändert (s. Reformation). Diese Entwicklung mündete letztendlich in den Ende des 19. Jahrhunderts  aufkommenden sozialistischen und kommunistischen Ideologien und Bewegungen. Der Sozialismus und der Kommunismus basiert aber letztendlich von seinen Grundideen auch auf den urchristlichen Idealen. Auch wenn der Kommunismus durch die Gewaltherrschaften von  Stalin und Mao Tse Tung in krasser Form pervertiert wurden, hatten die theoretischen Wegbereiter dieser Revolutionen grundsätzlich gute Absichten. 

Aber es war und ist der falsche Weg, wenn man bestimmte Ideale den Menschen – ohne gleichzeitigen inneren Reifungsprozess und ohne Freiwilligkeit – auf autoritäre Weise von außen überstülpt.  Dies erklärt, warum sich in diesen revolutionären Systemen, wie z.B. dem Kommunismus, die eigentlich zu einer Befreiung führen sollten,  nach einer gewissen Zeit die gleichen Macht- und Unterdrückungsstrukturen und den damit verbunden Abhängigkeiten, wenn auch mit anderen Vorzeichen, wieder installiert  haben. Somit ist es nicht verwunderlich, dass in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts,  trotz aller Befreiungsbewegungen und Fortschritte, nur ein geringer Teil der westlichen Gesellschaften (i.d.R. waren es die Intellektuellen und Künstler)  eine gewisse geistige Reife aufwies, während ein Großteil der Bevölkerung unreif, unselbständig, angepasst, obrigkeitshörig und abhängig blieb. Besonders das  passive und obrigkeitshörige Verhalten vieler Bürger in Deutschland hat  dazu geführt, dass im  20. Jahrhundert  eine Nazi Diktatur überhaupt  an die Macht kommen konnte, mit den bekannten negativen Folgen.

Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gegen  Ende der 60er Jahre (siehe “68er Generation”) konnte sich besonders in den westlichen Ländern in größerer  Zahl ein selbstbewusster, unabhängiger und reiferer Menschentypus herausbilden. Die Vertreter dieses Menschentypus  bilden die sogenannte  „Reife Zivilgesellschaft“.  Vertreter der reifen Zivilgesellschaft findet man inzwischen (im Jahre 2018) in allen Gesellschaftsschichten (vermehrt aber in der gebildeten Mittelschicht) und sie haben einen zunehmenden stärkeren Einfluss auf gesellschaftliche Entwicklungen.

Der  amerikanische Soziologe „Paul H. Ray“  hat diesen Menschentypus  als die „Kultur-Kreativen“ bezeichnet. Zusammen mit seiner Frau, der Psychologin Ruth Anderson, hat Paul H. Ray Anfang der 90er Jahre  13 Jahre lang (durch Befragung von Bürgern) die Merkmale dieses Typus näher untersucht und die Ergebnisse in seinem Buch „Wie 50 Millionen Menschen die Welt verändern“ veröffentlicht (das Buch gibt es im Internet zurzeit nur in englischer Sprache). 

Wodurch zeichnet sich nun aber eine reife Zivilgesellschaft konkret aus?  

Die Mitglieder einer „Reifen Zivilgesellschaft“:

– geben sich nicht damit zufrieden, nur alle vier Jahre bei einer demokratischen Wahl ihre Stimme abzugeben, sondern sie wollen  aktiv das gesellschaftliche Leben mitgestalten. Da sie aber gern unabhängig bleiben, trifft man sie eher selten in Parteien und konventionellen Organisationen an. Sie sind aber weder weltfremde Außenseiter noch Einzelgänger, sondern sie arbeiten gern flexibel und vernetzt in Gruppen von Gleichgesinnten mit flachen Hierarchien. Sie gründen z.B. unabhängige Interessensgruppen, Bürgerinitiativen, Stadtteilgruppen, Wohn- und Lebensgemeinschaften, freie Kindergärten und Schulen etc.

– zeichnen sich durch ganzheitliche Sicht- und Lebensweisen aus und  bringen neue und unkonventionelle Ideen und Visionen zur Lösung gesellschaftlicher Missstände ein, engagieren sich sozial (z.B. durch Ehrenamt) und tragen damit zur Gestaltung einer humaneren Gesellschaft bei. Sie experimentieren mit gemeinschaftlichen Lebensformen (wie z.B. Wohnformen für  Behinderte und Nicht-Behinderten oder für mehrere Generationen unter einem Dach  etc.), die über das typische  traditionelle Kleinfamilien-Modell hinaus gehen. Sie bevorzugen eine gemeinschaftliche Lebensform, in der die individuellen Bedürfnisse und die Bedürfnisse der Gemeinschaft in Balance gebracht werden, unter Ausschließung von Gruppenzwang, Machtmissbrauch  und bloßer Unterordnung.

– wissen, dass wirklich tiefgreifende und nachhaltige Veränderungen lange Zeit brauchen und nicht über Nacht und ohne eigene Anstrengung entstehen. Außerdem ist ihnen bewusst, dass die heutigen (äußeren) gesellschaftlichen Missstände oft auch ein Spiegel eigener (innerer) Missstände sind, und dass sie nur dauerhaft im Außen etwas verändern können, wenn sie auch die Ursachen für die Missstände in sich selbst klären und lösen. Durch kritisches Hinterfragen und Selbstreflektion setzen sie sich mit ihren eigenen Schatten und Schwächen auseinander und nehmen sie als menschliche Begrenzung an. Sie sind daher auch tolerant gegenüber den Fehlern und Unzulänglichkeiten ihrer Mitmenschen eingestellt.

– sind i.d.R. gut informiert über die globalen politischen, ökologischen und wirtschaftlichen Missstände.
Sie arbeiten gemeinsam mit anderen an der Lösung dieser Missstände. Anstatt aber ihre Kräfte im permanenten Kampf gegen das Negative aufzureiben (natürlich ohne sich für das Leid ihrer Mitmenschen und Umwelt zu verschließen), konzentrieren sie sich lieber auf realistische, konstruktive und positive Lösungsansätze.
– bevorzugen nachhaltig, umweltfreundlich und sozialverträglich produzierte Lebensmittel und Produkte. Auch praktizieren sie auf Grund der immer weniger werdenden Ressourcen einen gemäßigten Konsum, nach dem Motto „Weniger ist mehr“. Sie wollen aber nicht nur passive Konsumenten sein, sondern in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld (Nachbarschaft, Gemeinde, Stadtteil etc.) eine nachhaltige und umweltfreundliche Lebenskultur aktiv mit gestalten. Z.B. legen sie eigene ökologische Gärten zur Selbstversorgung an (Gemeinschaftsgärten), unterstützen durch  Einkaufsgemeinschaften ökologische Bauern vor Ort, gründen Unverpacktläden, Tauschbörsen, Repair-Cafes, Nachbarschaftshilfen und Bürgerinitiativen u.v.m.

– lieben und wertschätzen ihre Heimat und ihre geographische Herkunft auf angemessene Weise (aber ohne nationalistische Anwandlungen), gleichzeitig empfinden sie sich aber auch als ein Teil der globalen Menschheitsfamilie und haben daher ein starkes Interesse, sich übergeordnet an der Lösung globaler Probleme zu beteiligen.

– versuchen eine Brücke zwischen Tradition und Moderne und der älteren und jüngeren Generation zu bauen. Sie betonen dabei mehr das Gemeinsame als das Unterschiedliche und bringen damit angeblich Unvereinbares zu einer Synthese 

– legen großen Wert auf soziale, humanistische und ethische Werte und Ideale, aber ohne sich einer bestimmten Ideologie, Partei oder religiösen Glaubensrichtung bzw. Kirche zugehörig zu fühlen. Diese Werte und Überzeugungen bringen sie ohne viel Aufhebens auf stille und doch sehr konkrete und pragmatische Weise zum Ausdruck. Sie wollen aber nicht ihre  Werte anderen aufdrängen, daher ist ihnen politischer oder religiöser Fanatismus oder Extremismus befremdlich. Sie fühlen sich in erster Linie ihrem Gewissen (Innere Stimme), ihren inneren Werten und ihrer Authentizität verpflichtet als sich äußeren gesellschaftlichen und religiösen Normen und Autoritäten unreflektiert unterzuordnen. D.h., sie lassen sich nicht von außen instrumentalisieren, denn sie sind gewohnt, selbstständig und unabhängig zu denken und zu handeln.

– wollen die geistige und irdische Dimension des Menschen in eine gesunde Balance bringen. Eine Religiösität, die sich durch Scheinheiligkeit, bloße Lippenbekenntnisse und übertriebener weltlicher Absonderung oder Elitedenken äußert, ist ihnen eher suspekt. Aber genauso stehen sie einer ausschließlichen materiellen Weltsicht skeptisch gegenüber. Vielmehr begreifen sie den Geist und die Materie als zwei Aspekte des menschlichen Lebens, die es gilt in eine gesunde und ausgewogene Balance zu bringen. Um beide Aspekte ausgewogen zu leben, ist es aber erforderlich, dass Phasen der inneren Besinnung und der äußeren Aktivität sich ablösen. Diese Lebensform ist aber oft schwer mit den Strukturen der immer noch industriell geprägten Arbeitswelt vereinbar, die auf permanente Gewinnmaximierung und Ausbeutung der menschlichen und natürlichen Ressourcen ausgerichtet ist

– sind dabei, die tradierten und einengenden Rollenmuster von Mann und Frau weiter zu verändern und setzen sich für die Gleichberechtigung und die Kooperation der Geschlechter ein. Eine Folge davon ist, dass die Frauen immer mehr verantwortliche und machtvolle Positionen in der Gesellschaft übernehmen. Sie sprechen aber nicht mehr von einem „Geschlechterkampf” (wie es in den Anfangszeiten des Feminismus der Fall war), denn sie wissen, dass trotz aller Unterschiede – die ja eher gering sind – der Mann und die Frau im Wesenskern gleich sind und für die Lösung der partnerschaftlichen und familiären Probleme zusammenarbeiten müssen.
Immer mehr Männer der neuen Generation verweigern die klassischen männlichen Karrierewege  und suchen sich berufliche Betätigungsfelder und Lebensentwürfe, die ihren wirklichen Talenten und Interessen entsprechen und ihnen ermöglichen, wieder mehr Zeit ihrer Familie und ihrem Privatleben zu widmen. Dabei übernehmen sie auch zunehmend Berufs- und Aufgabenfelder, die sonst eher den Frauen zugeordnet waren.

 
Die Zahl der Mitglieder einer „Reifen Zivilgesellschaft“ und damit ihr gesellschaftlicher Einfluss werden in den nächsten Jahren weltweit sicherlich noch ansteigen. Natürlich konnten sich die Merkmale einer reifen Zivilgesellschaft in demokratischen Ländern besser und ungehinderter entfalten als in autoritär geprägten Ländern. Aber zunehmend wirkt sich ihr Einfluss seit dem 21. Jahrhundert auch in den bisher noch autoritär regierten Ländern aus (siehe „Arabischer Frühling“).  In diesen Ländern wächst eine neue Generation heran, die auf Grund der besseren Informationen (siehe Internet) viel aufgeklärter und selbstbewusster ist und sich immer schwerer unterdrücken und manipulieren lässt.
Ich möchte aber an dieser Stelle betonen, dass in den meisten westlichen und industriell geprägten Demokratien zwar oberflächlich gesehen eine relative  Freiheit,  Mitbestimmung und soziale Gerechtigkeit herrscht, aber bei näherer Betrachtung die sogenannte Mitbestimmung des Volkes durch den zunehmenden Einfluss der Lobbyisten von großen Wirtschaftskonzernen und der Finanzwelt immer mehr eingeschränkt wird, mit den negativen Auswirkungen auf  Umwelt und Mensch. So sind z.B. Lobbyisten immer mehr an den inhaltlichen Formulierungen von Gesetzen beteiligt. Durch angeblich erleichternde Freihandelsabkommen, die aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit verfasst werden, werden immer mehr soziale, ökologische Standards und demokratische und juristische Rechte unterlaufen. Es sieht immer mehr so aus, dass von den Regierungen und den Parteien dieser Staaten, keine gravierenden Veränderungen mehr zu erwarten sind,  zu tief sind die negativen Verstrickungen mit der mächtigen globalen Wirtschaft und Finanzwelt, zu tief sind die regierenden Politiker und Entscheidungsträger – mit wenigen Ausnahmen –  in alten überholten Parametern verhaftet.
Die wirklich dringend notwendigen gesellschaftlichen Veränderungen werden somit wohl kaum von „oben“ kommen, sondern vielmehr von „unten“, von der gesellschaftlichen Basis aus eingeleitet, zu der die derzeitigen Regierungsvertreter zunehmend den Kontakt verlieren. In dieser Hinsicht wird die wachsende “Reife Zivilgesellschaft” zunehmend eine immer wichtigere und entscheidende Rolle spielen.
 

“Meiner Meinung nach müssen alle Menschen ein stärkeres Bewusstsein für die Notwendigkeit einer weltumspannenden Verantwortung entwickeln, wenn wir die Herausforderungen des neuen Jahrhunderts meistern wollen. Jeder von uns muss lernen, nicht nur für sich, seine Familie oder seinen Staat, sondern das Wohl der gesamten Menschheit zu arbeiten und zu sorgen. Es ist heutzutage überholt, in Begriffen von “Mein Volk” oder “Mein Land” zu denken. Verantwortung für die ganze Welt ist der Schlüssel für das Überleben der Menschen auf diesem Planeten. Große, weitreichende Entwicklungen beginnen meist mit einzelnen kleinen Initiativen, so dass es also die Arbeit eines jeden Einzelnen ist, die letztendlich den Ausschlag gibt.”

(Dalai Lama; Zitat aus dem Buch „Dalai Lama,
Tag für Tag zur Mitte finden“, Seite 189,
Verlag Herder Spektrum)

Autor:  Ralf Manthey, Tel. 04103 – 1888730, Email: ralf-manthey[at]online.de

Von der Blüte zur Frucht

Blüten am Baum

Weiße Blüten vor blauem Himmel – die Streuobstwiese zeigte sich von Ihrer ganzen Frühlingspracht als sich eine Gruppe interessierter Menschen am 8. April um 17 Uhr zu dem Vortrag „Von der Blüte zur Frucht“ von der Biologin Heike Henning traf.

Einige der Bäume streckten uns ihre weißen Blüten entgegen, andere hingegen zeigten noch ihre Knospen. Gleich zu Beginn erfuhren wir, dass Apfel, Birne, Zwetsche, Mirabelle und Kirsche zur Familie der Rosengewächse gehören. Wer hätte das gedacht – obwohl, schön wie Rosen sind sie ja alle mal! 

Blüten und Knospen am Baum

Ob man anhand der Blüte erkennen kann, was nachher daraus wird? Erst einmal gab es eine Gemeinsamkeit festzustellen: Alle Blüten weisen jeweils fünf weiße Blütenblätter auf. Da müssen wir wohl ein wenig weiter in die Details einsteigen. Wir halten verschiedene Blüten in den Händen und lernen wie eine Blüte beschaffen ist und aus welchem Teil der Blüte nachher die Frucht entsteht. Ja, und hier ist ein Unterschied zu finden: Die Blüte von Steinobst (Kirsche, Zwetsche) sieht anders aus als die von Kernobst (Apfel, Birne). Weitere Hinweise geben dann die Rindenstruktur des Baumstamms und die Anordnung der Blüten am Zweig. Die Kirsche hat beispielsweise eine quergestreifte Rindenstruktur und die Blüten sind am Ende von längeren Stielen (in der Fachsprache: Dolden) zu finden.

Blütenbestimmung mit Bestimmungsbuch

Die Apfel- und Birnenbäume sind übrigens mit Ihrer Blüte etwas später im Jahr an der Reihe als Schlehen, Mirabellen und Kirschen. So konnten wir wunderschöne rosa Knospen bewundern, die in das zarte Grün der ersten Laubblätter gebettet waren und haben dabei noch einen Unterschied gefunden: Die Bäume von Kernobst schieben zuerst Laubblätter und dann Blüten. Beim Steinobst bilden sich hingegen zuerst die Blüten. Nur ein einziger Birnenbaum auf der Wiese hatte schon ein paar Blüten geöffnet. Doch das reichte uns ja aus, um den Unterschied zwischen Stein- und Kernobst erfahren zu können.

Knospen kurz vor der Öffnung

Insgesamt war sehr viel mehr als ein Vortrag, es war ein Erlebnis mit allen Sinnen! Die meisten Blüten haben übrigens ein leichtes Mandelaroma, denn die Neugierigen unter uns haben die Blüten auch verkostet.

Vielen Dank für diesen tollen, interessanten und wissensreichen Abend!

Autor: SP, Fotos: JK